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Das Ford -T-Modell als Feuerwehrauto Über die Produktionszahlen von Ford T Modellen sind wir gut informiert. Ab Oktober 1908 wurden die Motornummern vom ersten bis zum letzten gebauten Motor (15.176.888) am 4. August 1941 aufgelistet. Am 26. Mai 1927 lief das 15.000.000. T Touring Modell vom Fließ-band der berühmten „Ford River Rouge Plant“. Nur wenige Tage später endete mit dem T Modell und seiner Motornummer 15.007.033 in den USA endgültig die größte automobilis-tische Ära aller Zeiten. Das Ford T Modell hatte den technischen Fortschritt verschlafen, es war zum quietschenden, wackelnden, unbequemen Unikum verkommen, keiner wollte es noch kaufen. Ab 1910 steht in den Werksannalen, dass neben den verschiedenen Typen von Personenwa-gen auch Chassis ohne Aufbauten ausgeliefert wurden. 108 waren es zuerst, 1912 schon 2.133, 1915 bereits 13.459 ; 1916 11.742 + 20.700 für militärische Ambulanzen (Kranken-wagen). 1917 registrierte man 41.165 + 1.452 Ambulanzen, dazu erstmalig auch 3 Truck Chassis. Ab 1918 steigt die Chassisproduktion lawinenartig an und erreicht 1926 einen Höhepunkt mit 346.719 motorisierten Untergestellen. Nur ein Teil davon sind von Ford für eigene Pickups, Deliveries, T und TT Trucks etc. verwendet worden, die Mehrzahl ging an andere Firmen zum Bau z.B. von Feuerwehren, denen unser besonderes Interesse gilt. Die sich in den USA explosionsartig ausbreitende allgemeine Mechanisierung und Industria-lisierung bei der Erschließung des Landes schaffte einen riesigen Markt für immer neue Pro-dukte. Eine heute kaum vorstellbare Bedeutung kam der Feuerbekämpfung zu. Mit Hand oder von Pferden gezogene Spritzen und Löschwagen verschwanden bald von der Bildfläche, als Henry Ford für wenig Geld (300- 350 $) das motorisierte T Modell Chassis feilbot. Vielleicht strich der örtliche Feuerwehr - Hauptmann eines Tages seinen eigenen T Roadster rot an, versah ihn mit einer Glocke und „beförderte“ sein T Modell so zum „Fire Chief“ Wa-gen. Jedenfalls setzte im Feuerwehrwesen der USA eine gewaltige Motorisierungswelle der örtlichen, kommunalen oder sonstigen Feuerwehren ein. Wer sich die Mühe macht, in die ent-sprechende Historie einzutauchen, wird sich über die Datenfülle wundern. Jede Feuerwehr in den USA – ob groß, ob klein – rühmt sich, wenn es zutrifft, ein Ford T Modell als frühe „Fire Engine“ zu präsentieren. So ist es nicht verwunderlich, überall in den Staaten in den Feuer-wehrmuseen oder Feuerwehr Ehrenhallen (Fireman’s Hall Museum) Feuerwehren auf Ford T Modell Chassis zu treffen. Aber es wurden natürlich nicht nur T – Untergestelle genutzt, sondern auch andere Marken wie: Reo, Rambler, Maxwell, Studebaker, Stutz etc. Nur, die T Mo-dell Basis war eben die preisgünstigste. Neben den örtlichen kleinen mechanischen Werkstätten hatten sich ungezählte Firmen auf die Fabrikation von Feuerwehren spezialisiert wie z.B. das „Berkeley Fire Department“, die „Auto Vehicle Company“ in L.A., und andere. Die bereits 1873 in Elmira, N.Y. gegründete American - LaFrance entwickelte sich zu Amerikas groter Fire Engine Company. Nun muß man neidlos anerkennen, US amerikanische Feuerwehren waren schon immer - und sind es noch heute - wahre Schmuckstücke: reich verziert und künstlerisch ansprechend be-schriftet (s. Abbildungen) und damit weitaus attraktiver als die unserer Zunft, optisch und akustisch. Besonders die schon erwähnte American - LaFrance hat Meisterwerke in Chrom und Messing gebaut. Mit Sirenen, Glocken, Pfeifen, Hupen, Hörnern machen sich schon immer amerikanische Wehren den Weg frei, mit zusätzlichen Lichtsignalen in blau, rot, weiß sind sie unübersehbar, nicht selten brausen sie unter dem Sternenbanner durch die Straßen! Das Verhältnis der amerikanischen Nation zu ihren Feuerwehrleuten ist innig und stolz und das nicht erst seit dem 11. September 2001, wo mit dem World Trade Center mehrere hun-dert Feuerwehrleute ihr Leben verloren. So wie seinerzeit in Amerika die Industriebauten, die Gebäude der Wirtschaft, des Handels und alles in atemberaubendem Tempo wuchsen, vergrößerte sich damit auch die Gefahr verheerender Brände und riesiger Feuer. Zur Bekämpfung benötigte man große Pumpenkapazitäten, lange Leitern usw. Die Entwicklung immer besserer und leistungsfähigerer Wehren mit allem Zubehör war rasant, umwälzend. Das spiegelt sich auch in den Ford T Feuerwehrminiaturen wider, um die es hier geht und wie an einigen Beispielen zu sehen ist. Die frühen motorisierten Feuerwehren (und auch die Miniaturen) tragen den für uns ungewohnten Namen „Chemical Fire Engine“. Typisch für die Fahrzeuge sind jeweils zwei zylindrische Druckbehälter mit diversen messingglänzenden Armaturen (Abb. 2). Vermutlich ist heute nur noch wenigen bekannt, was es damit auf sich hat (Verf. musste sich erst selbst schlau machen!).
Die Methode zur „chemischen Bekämpfung“ von Bränden soll um 1860 entwickelt worden sein. Babcock & Holloway in Chicago rüsteten als erste den von Pferden gezogenen Karren mit einem großen zylindrischen Tank aus. Gefüllt war dieser mit einer wässrigen Sodalösung und hatte in einem separaten Gefäß verdünnte Salzsäure. Am Brandherd angekommen, öffnete der Maschinist ein Ventil und ließ, wohldosiert, die Salzsäure auf die Sodalösung einwirken. Sofort entwickelte sich mit steigendem Druck Kohlendioxid gemäß der chemischen Reaktionsgleichung : Na2CO3 + 2 HCl → 2NaCl + H2O + ↑ CO2. Das bereits vorhandene Wasser der Sodalösung mit dem Reaktionswasser wurde nach Öffnung eines Ventils durch den Druck der Kohlensäure herausgeschleudert. Mit Hilfe eines Schlauchs konnte der Brandherd gezielt bekämpft werden. In einer zeitgenössischen Annonce steht: Bis 25 m weit. Mit den weiterentwickelten, motorisierten Feuerwehrwagen ging eine erstaunliche Bereitschafts- und Leistungssteigerung einher. Nicht nur die beschleunigte Verfügbarkeit der Wehr war sehr wichtig, sondern auch eine bessere, effizientere Versorgung mit Löschwasser. Die Reaktionstanks und deren Mechanik wurde optimiert. Ein kontinuierlicher, konstanter Fluß, bei gleichbleibendem Druck erreichte man durch manuelle Steuerung der chemischen Reak-tion. Mit einem großen – schmucken – Handrad konnte eine Welle im Inneren des Drucktankes gedreht werden. Auf ihr saßen kleine Paddeln zum Durchmischen der Chemikalien und damit zur Verstärkung der Reaktion. Die Abb. 4 zeigt eine vereinfachte Konstruktionszeich-nung der „Childs Company Manufacturers of Fire Apparatus“ in Utica, N.Y. von 1920.
In der Regel verfügten die „Chemical Fire Trucks“ über zwei derartige Systeme, die wechselseitig geschaltet werden konnten und so ein kontinuierliches nachladen ermöglichten. Mit nur 25 bis 30 Gallonen Volumen pro Tank (= 95 bis 114 Liter) musste beim Einsatz schon fleißig nachgefüllt werden! Bei den großen Messingbehältern auf den Trittbrettern (Abb. 14) handelt es sich um Soda- und Salzsäurenachschub. Oft standen auch zusätzlich kleinere Handfeuerlöscher (Schaum) zur Verfügung. Wie reibungslos und effizient diese Systeme funktionierten, ist mir nicht bekannt. Dass diese schmucken Originale und deren verkleinerte Miniaturen eine Augenweide sind, ist unbestritten. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, welch großen Unterhaltungswert eine Armada solcher Wehren in Action hatte. Doch diese Art von chemischer Feuerbekämpfung hatte sich bald überholt, leistungsfähigere Automobile, Pumpen waren gefragt. Nach und nach verschwanden die T Fire Trucks, sie standen ungenutzt herum. Häufig wurden sie für wenige Dollars (bisweilen nur für 20$) an Farmer der Umgebung verkauft, die die Installationen entfernten und die Wagen auf ihren Farmen zu Grunde richteten. Eine erstaunliche Nachricht liegt mir allerdings vor: Die Stadt Berwick kaufte 1924 von der „Bickle Fire Engine Company“ in Ontario für 1.875 $ einen „Chemical Fire Truck“ auf einem Ford Model T Chasiss von 1923 der „Ford Motor Company in Windsor Ontario“.
“Despite its shortcomings the T served the town well until 1949. By then the Model T was obsolete. … The truck was sold, stripped off its fire equipment and sold again. The T was used for a few years on a local dairy farm, and was again sold, this time out of the area.” „Trotz seiner Unzulänglichkeiten verrichtete das T (Modell) seinen Dienst gut für die Stadt bis 1949. Dann war das T Modell veraltet. Es wurde verkauft, dann seiner Ausrüstung beraubt und wieder verkauft. Für einige Jahre nutzte es eine lokale Molkerei, dann wurde es wieder verkauft, diesmal nach außerhalb.“ Grob geschätzt hat das Gefährt Truck ca. 40 Jahre seinen Dienst verrichtet – ob es jemals geschont worden ist? Alle Achtung! In Deutschland spielte das T Modell als Feuerwehr aus den bekannten Gründen keine Rolle. Es ist fraglich, ob überhaupt jemals für eine aktive Wehr ein Wagen importiert worden ist. So scheint es nicht verwunderlich, dass nur wenige Ausstellungsstücke in Museen auftauchen und noch weniger in Privathand sind. Im „Deutschen Ford Modell T Register“ sind nur fünf Modelle eingetragen, davon drei in Museen.
Im Fahrzeugmuseum Reichert, 76359 Marxzell, steht eine T Feuerwehr von 1926. Zwei Feuerwehren stehen beim (Breker „Action Team Köln“) (Abb.7 u. 8). Beides ebenfalls „Chemical Fire Engines“. Ein Modell auf einem Chassis von 1917, das andere auf einem T Truck Chassis von 1927 . Natürlich sind sie fahrbereit und werden - das ist außergewöhnlich - auch regelmäßig zu vielen Anlässen ( außer zum Feuerlöschen!) benutzt.
Von der Firma CHILDS liegt mir ein Prospekt von 1920 vor, in dem die Besonderheiten und Vorzüge eines Wagens, ähnlich der Abb. 14 angepriesen werden. Darin heißt es unter der Überschrift: „CHILDS Ausrüstung einer Kombination aus doppeltem 25 – Gallonen Tank chemischer Feuerwehr und Schlauchwagen auf einem Ford T Truck Chassis“Schlauchrolle aus Stahl für einwandigen 1000 Fuß Schlauch (= 300 m) oder 700 Fuß für 2 ½wandigen. Sitze bequem u. geräumig. Handläufe aus Messing an den Seiten u. hinten. Trittbretter auf voller Länge, sehr stabil. Werkzeugkiste sehr groß. 25 Gallonen Tank, zwei Stück, komplett mit säureresistenten Ventilen, Rührapparat, Überdruckventil und Reini-gungsvorrichtung. Tankverbindungen aus Messing, Nebenleitungssystem regelbar, Füll-vorrichtung und Manometer. Schlauchverbindung Messing mit Absperrhahn. Chemikalien Schlauch bester Qualität. Säurebehälter, zwei Stück, aus purem Blei auf den Trittbret-tern. Sodabehälter, zwei Stück auf den Trittbrettern. Leiter, zwei Stück, 4 m, mit Schar-nier als Stehleiter. Schnellwinde. Sturmlampen, zwei Stück. Feuerglocke wie Dampf-lokomotive. Auspuffpfeife wie Dampflokomotivsignal. Schaumfeuerlöscher, zwei Stück, in Haltern. Werkzeug in Haltern: Axt, Brecheisen u.a.. Wasserstrahlrohre (Spritzen) zwei Stück auf dem hinteren Trittbrett. Lackierung Feuerwehrrot, Zierstreifen und (nach Wunsch) beschriftet. Das war die Standardausrüstung. Interessant ist der sinngemäße Nachsatz: Wenn Sie meinen, dass sei zu viel für „HENRY“, da irren Sie sich. Unsere Erfahrung ist, im Einsatz mit einer kompletten Mannschaft gab es noch nie Probleme. Wir gratulieren Ihnen zum Kauf des so gut ausgestatteten Wagens.....
Schauen wir uns die kleine Kollektion meiner Sammlung von Feuerwehren auf T Basis an. Das kleinste Modell von nur 5 cm Länge (Maßstab 1/87) nennt sich „1913 Model T Ford Fire Truck“ . Es ist ein Plastikbausatz der HIGHWAY MINIATURES Fa. Jordan Canton/Ohio. Das Zusammensetzen war eine äußerst zerbrechliche und mühevolle Angelegenheit.
Absolute Spitzen in Abbildungstreue und Detail sind die Präzisionsmodelle 1: 16 der Firma Franklin Mint (Länge 23,5 cm) und 1:18 Signature Series by Road /Hong Kong (Länge 20 cm). Da fällt es schwer zu entscheiden, wem die beste Darstellung gelungen ist. Beide Modelle sind in der Tat atemberaubend. Darum lohnt es sich näher auf sie einzugehen.
In exakten Nachbildungen - die in China produziert werden - von original Fahrzeugen, wetteifern die oben genannten Firmen auf höchstem Niveau. Sie entsprechen den sogenannten „Nietenzählern“ unter den Modellbahnbauern! Die vielfältige Signalausrüstung amerikanischer Feuerwehren (s.o.) soll als Beispiel dienen. Der Nachbau einer Glocke (Abb. 15) ist nicht schwierig, handbetriebene Sirenen (Abb. 16), Hupen (Abb. 17) und Suchscheinwerfer (Abb. 18) erfordern schon mehr Sorgfalt. Betrachtet man die Cockpits, so werden Fußpedale, Handbremse und Hebel unter dem Lenkrad erwartet, wenn aber sogar die Einstellschraube für das Kraftstoffgemisch vorhanden ist, ja der Hupenball auf dem Boden befestigt ist, damit der Feuerwehrpilot beidhändig lenken kann (Abb. 19), wächst die Bewunderung, sie steigert sich zum Erstaunen, wenn man den winzigen zusätzlichen Hebel feststellt, der zum Betrieb der Auspuffpfeife dient! Und richtig, wird das Modell um 180° gedreht (Abb.20) erkennt man die Auspuffpfeife am richtigen Ort. Übrigens wer diese (Abb. 21) original schon einmal gehört hat, wird ihren Sound nicht so leicht vergessen!
PS. Eigentlich wollte ich nur einen kleinen Aufsatz über die fünf Feuerwehr T Modelle meiner Miniaturkollektion schreiben!
Doch dann kamen Fragen auf, die beantwortet
werden sollten, z.B. weil mir kein
Feuerwehrmann die Funktion der alten „Chemical Fire Engines“ erklären konnte. So
öffnete sich weiter und weiter eine äußerst interes- sante Materie,
deren Darstellung mir lohnenswert
erschien.
Zum Schluß gilt mein Dank Herrn Breker vom „Auction Team Köln“ für die Fotos seiner Feuerwehren, für freundliche Diskussion und Kopien von Originalunterlagen.
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