Geschichte Ford-T
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Smz 07.07.2006

 Die Geschichte des FORD T Modells in Kurzform.

Von Dr. Hans-Hermann Schmitz

Am 19.12.1999 wählte eine Jury von 126 internationalen Automobilexperten in Las Vegas, Nevada, USA,  das  FORD MODELL T zum Auto des Jahrhunderts. Die Erfüllung der Henry Fords - Vision von 1907, „ein Auto für die große Menge zu bauen“ *)war in so überzeugender Weise verwirklicht worden, dass für den ersten Platz kein anderes Auto in Frage kommen konnte. Ford setzte die Welt auf Räder, ( he put the world on wheels). Das Auto des 20. Jahrhunderts wird auch im 21. nicht zum alten Eisen gehören!

Die neunte Neukonstruktion seit der Firmengründung 1903 war das  Modell  T. Seine Geschichte beginnt am 27. September 1908, als Nr. 1 in der FORD Co. Detroit/ USA zusammengesetzt wurde. Henry Ford war von seiner Neuschöpfung so überzeugt, dass er sie persönlich mit Freunden auf einer Jagdtour testete. Der Test muss vorzüglich ausgefallen sein. Um die Universalität – „The Universal Car“ – seiner Neuentwicklung besonders hervorzuheben, erfolgte die erste öffentliche Präsentation nicht etwa in den USA, sondern in Europa! Die nächsten 8 Modelle schickte Ford im November 1908 zur „Olympia Motor Show“ nach  London und in den Pariser Salon!

Bis zum 31.12.1908 wurden bereits 114 T Modelle verkauft und Ende Dezember 1909 hatten schon 14.700 Autos das Werk am Rouge River verlassen. Die Produktionszahlen erreichten ständig neue Rekorde. Bis zum 10.12.1914 waren eine Million T Modelle gebaut worden. Im Oktober 1922 lag der Preis des einfachsten Wagens unter 300 $. Ford beherrschte 50 % des US – Marktes. Im Rekordjahr 1923, liefen 2.201.188 Einheiten vom Band. Wie Heuschreckenschwärme fielen die „Tin Lizzies“ über das Land her. Am 24. Juli 1924 wurde das 10 Millionste T Modell geboren, das 15 Millionste erblickte drei Jahre später am 26. Mai 1927 das „Licht der Welt“. Ein Produktionsrekord, der in dieser Geschwindigkeit nie mehr gebrochen werden sollte **).

Das Ford T Modell war von genialer Einfachheit, bislang unbekannter Robustheit und Zuverlässigkeit. Dabei bot es eine Vielzahl genialer Neuerungen. Der erste abnehmbare  Zylinderkopf im Motorenbau war revolutionär. Wartungsarbeiten, wie das Entfernen der Ölkohle – gemäß der Betriebsanleitung alle Vierteljahr notwendig - , die Kontrolle von Kolben, Ventilen und das Nachschleifen der Ventilsitze war nun auch für Ungeübte möglich. Der vier Zylindermotor bestand nicht - wie damals üblich – aus zwei paarweise gegossenen Blöcken, sondern aus einem Guss. Eine solche Maschine war nicht nur unverwüstlicher, sondern leichter, preiswerter und einfacher zu montieren. Das Zündsystem, bestehend aus Magneten auf der Schwungmasse, stationären Induktionsspulen, vier Zündspulen und einem einfachen Verteiler, ist fast wartungsfrei und dazu spritzwassergeschützt! Der überdimensionierte Kühler reicht aus für eine Thermo-Siphon-Kühlung, d.h. eine Wasserpumpe ist nicht nötig. Die Entwicklung und Verwendung eines Planetengetriebes kommt einer Schaltautomatik nahe, Zwischengas und knirschende Zahnräder waren passé. Mit Einführung der Linkslenkung hatte man den Gegenverkehr direkt im Blick, Passagiere mussten die schmutzige, gefährliche Straße nicht betreten.  Rahmen und Federung sind äußerst flexibel, das hört sich heute unbedeutend an, war aber damals ungeheuer wichtig. Ein flexibles Chassis war einem verwindungssteifen weit überlegen. Auf Pfaden und Wegen, wo Pferdefuhrwerke oft ihre Schwierigkeiten hatten, von Gebirgsregionen zu schweigen, zog das T Modell davon. Seine Räder mit 80 cm Ø verschafften dem Wagen eine Bodenfreiheit von fast 30 cm und damit eine außerordentliche Geländegängigkeit. Getriebe,  Kardanwelle, Hinterachse sind abgekapselt und damit vor Schlamm und Dreck der Wege geschützt! Das Wegenetz in den USA war zu der Zeit kaum vorstellbar schlecht, spätestens an der Stadtgrenze endete der feste Belag. Berühmt sind die Bilder, wo T Modelle sich durch Schlamm wühlen oder Flüsse durchqueren.

Getreu der Überlegung „was nicht vorhanden ist, kann auch nicht kaputt gehen“  gab es keine Wasserpumpe, Benzinpumpe, Ölpumpe, kein Bremslicht, keine Fahrtrichtungsanzeiger, keine Stoßdämpfer, kein Ersatzrad, auch keinen Rückspiegel. Ein Anlasser kam erst 1919 und Scheibenwischer erst ab 1925! Auch die sonstige Ausrüstung war spartanisch und das serienmäßig mitgelieferte Werkzeug sehr bescheiden. Das T Modell war und ist keine Schönheit, aber die Qualität der Teile, auf die es ankommt, ist hervorragend. Zäher, bruchfester Vanadiumstahl macht den Wagen fast unverwüstlich.

Zuverlässigkeit, Reparaturfreundlichkeit, einfache verständliche Mechanik und Wartung, dazu geringe Unterhaltungskosten, führten zum gigantischen Sieg des T Modells und beeinflusste darüber den Aufschwung des Automobils allgemein. Kurz, das Ford Modell T war das richtige Automobil, zur richtigen Zeit, dazu ein Massenprodukt zum Niedrigpreis!

Ein Servicebuch mit rund 250 Seiten und über 500 Abbildungen machte auch den geschickten Laien zu einem T Modell Fachmann! Nach und nach entstand ein schlagkräftiges Service- und Verkaufsnetz. Das Auto kam zu einer Zeit auf den Markt, als das riesige Farmland USA an der Schwelle zur Industrialisierung stand, die Infrastruktur kaum entwickelt war und die Eisenbahnen erst eine geringe Rolle spielten. Unzählig sind die Geschichten, Karikaturen, Anekdoten, Gedichte, Lieder über die Tin Lizzie (Blechliesel), wie sie bald liebevoll, ironisch in der Welt bekannt wurde. Jeder Scherz, auch jede Kritik, verstärkte die ungeheure Popularität des „Universal – Autos“, weit über Amerikas Grenzen hinaus. Unübersehbar ist das Schrifttum über das Ford T Modell und kein anderes Automobil ist so oft auf  Briefmarken zu finden!

Das Zubehörsortiment für das minimal ausgerüstete T Modell war gigantisch. Kaum hatte ein Neuwagen das Werk oder den Händler verlassen, begann für die Zubehörindustrie der große Verdienst. 5.000 Zubehörteile soll es gegeben haben. Keiner kennt die genaue Zahl, aber für sehr viele Firmen war es ein lukratives Geschäft. Der Versandhandel blühte. Bei Sears und  Roebuck nahmen im Katalog die Zubehörteile für das T Modell  ein größeres Kapitel ein als die Herrenbekleidung  bzw. die Hauhaltswaren und Möbel.

Als die Modell T Ära sich dem Ende neigte, gab es in 19 Ländern der Erde Standorte mit Produktionslinien, und zwar in: Argentinien, Australien, Brasilien, Canada, Chile, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Indien, Irland, Italien, Japan, Malaysia, Mexiko, Süd -Afrika, Spanien und Uruguay. Der einzige Kontinent ohne Produktion war die Antarktis!

Das Ford T Modell war wahrhaftig das erste Weltauto, aber es wurde zum Verlierer, zum Opfer  des eigenen Erfolgs. Die Käufer – besonders in den USA – drängten ihre Länderregierungen, bessere Straßen zu bauen und waren sogar bereit, dafür Steuern auf Benzin zu zahlen! Mit der Entdeckung und Ausbeute der amerikanischen Erdöllager und damit der Produktion von Kraftstoffen fiel Asphalt als Beiprodukt ab, seine Verwendung als Oberflächenbelag beschleunigte den Ausbau des Straßennetzes. Ein Produktionskreislauf von bis dahin unbekanntem Ausmaß kam in Schwung: Mehr T Modelle = steigende  Benzinproduktion = mehr Asphalt = bessere Straßen! Die „Automobilisten“ genossen die neue Freiheit und Mobilität, die ihnen das T Modell bescherte, doch, wie Verbraucher nun einmal sind, sie wünschten sich mehr PS, mehr Fahrkomfort, eine bessere Ausrüstung usw.

Die Verkaufszahlen stagnierten, ja sanken. Henry Ford war vernarrt in seine Kreation, gegen alle Vernunft hielt er an der Produktion fest.  Seine letzte Version ab 1926 sah viel moderner, gefälliger, zeitgemäßer aus, war mit manchen Neuerungen fortschrittlicher, aber es blieb ein T Modell. Wie sagte man damals zu recht: “Zu klein, zu spät. Du kannst eine Scheune anstreichen, es bleibt immer eine Scheune und wird kein Wohnzimmer!“ (Too little, too late, You can paint up a barn, but it’s still a barn not a parlor“) 

Ende Mai 1927 lief das letzte T Modell vom Band. Ein halbes Jahr ruhte die Automobilproduktion. Dann überraschte Henry Ford die Branche mit einem neuen Auto. Es unterscheidet sich so von seinem Vorgänger, dass Henry Ford beschloss, im Alphabet wieder von vorn anzufangen, er nannte es Modell A.

Die Gesamtzahl der auf der Welt noch existierenden Ford T Modelle wird auf ca. 100.000 geschätzt. In Deutschland werden z.Z. rund 380 T Modell vermutet. Davon sind  im „Ford Modell T Register Deutschland“ bis dato 330 T Modelle registriert. Dr. Hans-Hermann Schmitz, Am Amtgarten 1, 30982 Pattensen, Ort Koldingen.

*) "Ich will ein Auto bauen für die große Menge. Es soll groß genug sein für die Familie, aber klein genug für den Einzelnen zum Fahren und zum Unterhalten. Es soll konstruiert werden aus den besten Materialien, hergestellt durch die besten Arbeiter, nach dem einfachsten Design, welches moderne Ingenieurkunst vermag. Der Preis wird so gering sein, dass jeder mit einem durchschnittlichen Einkommen in der Lage sein wird, es zu kaufen und mit seiner Familie glückliche Stunden der Freude in Gottes großer Natur verbringen kann"
Henry Ford 1907
   (Ein Jahr, bevor das erste T Modell gebaut wurde)

**) Volkswagen (VW) brauchte für 15 Millionen Autos 33 Jahre, Ford nur 18!

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